DER PRIVATIER
Es hat sich mittlerweile einiges Neues ergeben :


LORRAINE-DETRICH

1911 macht sich Heim selbständig und eröffnet eine Hinterhof-Werkstatt in der Neckarstadt, Käfertalerstr. 7. Durch seine vielen Renn-Engagements ist er dort allerdings nicht oft anzutreffen. Das größte Angebot bekommt er von der französischen Traditionsfirma LORRAINE-DIETRICH: er soll den Aufbau von 4 Grand Prix Wagen in Argenteuil bei Paris als Chefmechaniker leiten. Und das Beste: Er ist sogar als Grand Prix Fahrer vorgesehen.
Was war geschehen ?

LORRAINE-DIETRICH steht vor großen Entscheidungen. Die Entwicklungspartner hatten hingeworfen und der belgische Geschäftsführer Nicaise sucht händeringend nach einem neuen Chefkonstrukteur. Im April 1911 fällt die Wahl auf den Belgischen BENZ-Konstrukteur Louis de Groulart. Bei BENZ hatte er u.a. den erfolgreichen Grand Prix Motor entwickelt, mit dem noch wenige Monate zuvor ein Doppelsieg beim amerikanischen Grand Prix errungen wurde. Und der technische Leiter der amerikanischen BENZ-Expedition hieß Franz Heim, zudem Beifahrer von Hémery.

Louis de Groulart und die LORRAINE-DIETRICH
Fabrik in Paris-Argenteuil.


Groulart soll als Leiter des Konstruktionsbüros binnen weniger Monate ein neues Spitzen-Serienmodell und einen Grand Prix Wagen entwickeln, inklusive Motor versteht sich. Es verwundert daher nicht, dass Groulart beim Rennwagen abkürzt und bei sich selbst kopiert. Der neue LORRAINE-DIETRICH Wagen und -Motor sieht dem erfolgreichen BENZ Grand Prix Wagen zum Verwechseln ähnlich. Aber es ist dennoch eine Eigenkonstruktion und auch die Teile werden nicht von BENZ bezogen, sondern selbst hergestellt. LORRAINE-DIETRICH scheut keine Mühen und Kosten für ihr Rennprojekt.

Links Groularts  BENZ-Motor
und daneben der von LORRAINE-DIETRCH


Hémery gewinnt im Juli 1911 den französischen Grand Prix für FIAT und wird von LORRAINE-DIETRICH als Rennleiter für die Saiison 1912 engagiert. Dabei hat sicher auch seine Bekanntschaft zu Groulart eine Rolle gespielt, aber mehr noch seine Erfahrung mit den Mannheimer Grand-Prix Wagen. Hémery bringt das BENZ Team wieder zusammen- Heim ist als Chefmechaniker gesetzt und es gelingt, auch Hanriot zu verpflichten, der mittlerweile eine Flugzeugfirma gegründet hatte, die sich in jedoch Geldnöten befindet. Ergänzt wird das Team um Paul Bablot, der gerade den französischen „Grand Prix des Voitures Légères“ gewonnen hatte. Seinem ehemaligen méchanicien Heim traut Hémery durchaus einen Fahrerposten zu ... sofern der Ersatzwagen nicht benötigt wird.

Vorschau in der "La vie au grand air":
die LORRANE-DIETRIICH Piloten
beim 1912 Grand Prix
"HEM" ganz rechts

In Argenteuil bei Paris, dem Sitz der Autoproduktion von LORRAINE-DIETRICH, erfolgt die Konstruktion und die Herstellung der Komponenten für die Prototypen. In der Kürze der Zeit eine echte Herausforderung.
Hemery und Heim haben im November noch einmal einen Einsatz für BENZ beim Grand Prix der USA. Nach ihrer Rückkehr beginnt die heiße Phase der Grand Prix Vorbereitungen für LORRAINE-DIETRCH. Heim hat nur wenige Monate Zeit für Aufbau und Setup der 4 Grand Prix Wagen. Schon Mitte Mai 1912 werden die Wagen präsentiert,  2 Wochen später gewinnt Hémery damit beim "Meeting von Le Mans".  

Hémery mit dem nagelneuen LORRAINE-DIETRICH
beim "Meeting du Le Mans", einem Praxistest unter Rennbedingungen


Anfang Juni finden letzte Tests in der Champagne statt und man hat große Erwartungen, als das Team zumn Grand Prix aufbricht. (Übrigens ist Hanriots Flugzeugfirma fast zeitgleich beim Grand Prix für Flugzeuge vertreten, in Frankreich damals fast populärer als Autorennen. Er wird vertreten von seinem jungen Sohn Marcel, aber das ist eine andere Geschichte). Beim Rennen wird zeitversetzt gestartet. Heim startet per Los als Letzter, kommt gleich in der ersten Runde auf den fünften Platz und ist damit sogar schneller als Hanriot. Aber dann setzt das große Motorensterben ein. Die eilig entwickelten Neukonstruktionen fallen nacheinander aus. Nur Hanriot schafft es abgeschlagen in den parc fermé. Sein Motor fängt aber Feuer und der Wagen wird so stark beschädigt, dass er am Folgetag nicht starten kann.


Ausschnitt aus einem LORRAINE-DIETRICH Katalog


Hémery lässt das keine Ruhe und setzt alles daran, den Wagen standfester zu machen. Mit Erfolg, denn  Monate später wird das Potential des Rennwagens bei Geschwindigkeits-Weltrekorden bewiesen, auch ein Langstreckenrekord über 6 Stunden ist dabei. Wie lange Heim dabei geholfen hat, ist leider unbekannt.


Geht doch- der LORRAINE-DIETRICH
als Weltrekordwagen in Brooklands

Und da ist noch MATHIS

BENZ und DAIMLER  nehmen am Grand Prix 1912 wieder nicht teil. Und so kommt es, dass Deutschland von der Straßburger MATHIS vertreten wird. Das Elsass gehört ja wie Teile von Lothringen zum Deutschen Reich. Der kleine Wagen von Esser hält sich wacker und kommt auf einen fabelhaften zwölften Platz.

Der MATHIS in deutschem Rennweiß
beim französischen Grand Prix 1912:
es kommt nicht immer auf die Größe an


Das Ballhaus


Ein Familienbild der Heims nach seinem "Paris"- Abenteuer 1912. Auf der Rückseite des Fotos steht "Ballhaus". Und tatsächlich wurde es beim "Ballhaus" am Schloss aufgenommen, einem beliebten Mannheimer Ausflugslokal. 

Ballhaus mit Biergarten. Ungefähr an der gleichen Stelle befindet sich heute die Uni-Mensa Mannheim.